Dienstag, Januar 10, 2006

 

Durchladen auf dem Schmugglerbazar

Es ist kaum zu glauben, dass man dem gestrigen Tag am Khyber Pass in Sachen "Abgefahrenheit" noch einen obendraufsetzen kann. Aber lasst euch sagen, es geht! Und wie das geht, folgt jetzt:
Heute früh sind wir abermals aufgebrochen mit unserem elektrischen und hippeligen Guide Kausar Hossein und mit seinem namenlosen Fahrer, aufgebrochen in die gesetzeslosen Stammesgebiete in der Umgebung Peshawars.

Zunächst ging es aber zum Bahnhof, wo es das Ticket für morgen Nacht nach Lahore zu lösen galt. Das war ausnahmsweise ein Kinderspiel. Nicht wie die anderen Male, wo man uns im Bahnhof von Schalter zu Schalter und nochmal an hunderttausend Schalter jagte, und wir am Ende wieder am Ausgangspunkt standen mit genauso vielen Zugtickets in der Hand wie zu Beginn. Ähnlich wie beim "Malen nach Zahlen" (Zitat Marius), nur dass da am Ende wenigstens ein schönes Bild herauskommt.
Nach dem Frühstück ging es dann los in Richtung "Smugglers Bazar". Diesen Ort an dem eigentlich keine Ausländer Zutritt haben, müsse man unbedingt gesehen haben, so unser Zappel Guide, und er kenne ohnehin alle Leute. Nach einigen Instruktionen, an welchem Polizeiposten man in welche Richtung wegzuschauen hatte, um nicht als Tourist erkannt zu werden, kamen wir schließlich auch an diesem verruchten Ort an. Aus dem Auto raus und sofort in ein kleines Lädelchen rein, da saßen wir also und die Show sollte beginnen. Zunächst wurden uns sämtliche Drogenprodukte vorgeführt, die die Gegend so zu bieten hat. Da die Gegend so ziemlich alles zu bieten hat, war das eine entsprechende Prozedur: milkatafelgroße Haschischbrocken, schneeweißes Heroin, schwarzer Afghane, rosaroter Panther, und wie sie alle heißen. All dies ganz selbstverständlich auch stets mit der Option auf käuflichen Erwerb. Es war im Grunde wie auf einer Kaffeefahrt, nur eben ohne Kaffee. Nebenbei wurden wir im Kreise anderer, bereits in Echtzeit konsumierender Kunden, heftigst eingenebelt. Es folgten Waffendarbietungen bis hin zu Vorführungen eines breiten Sortiments an trügerisch echten Falschgeldblüten in allen erdenklichen Währungen.

Nach unserer 30 minütigen "No-thank-you"-Endlosschleife ging es dann weiter mit einer Führung durch den Bazar, vorbei an dutzenden solcher Drogenhöhlchen und an irgendwelchen Opium quarzenden Gestalten, bis wir schließlich an einem offenen Platz standen. Und ehe ich mich versah, hatte ich auch schon eine Kalaschnikow an der Schulter und sollte eine Ladung Munition in die Luft blasen. Und so stand ich also da mit all meiner pazifistischen Gesinnung und Erziehung und sprühte ein Magazin voll Kugeln quer über den Grenzhimmel zu Afghanistan. Sehr strange das Ganze.

Nicht als ob uns nach alldem ohnehin schon etwas mulmig zumute war, aber es sollte noch besser kommen. Nach diesem bizarren Aktionismus, ging es nämlich in wilder Fahrt weiter nach "Darra", dem schrägsten aller Orte. Dort nämlich werden in gelassenster Selbstverständlichkeit Waffen gebaut, nachgebaut, repariert, getestet, getrimmt und verkauft. Die Hälfte aller Läden in diesem Ort sind Waffenschmieden, die andere Hälfte sind Fressgassen, um die Waffenschmiede zu ernähren. Und da wundert es einen, wo die ganzen Waffen immer herkommen. Absolut verrückt.Da läuft man also mit seinem bestochenen Schutzpolizisten durch die Sträßchen, und überall heraus glitzern M-16 Gewehre, Handwaffen, Pumpguns, und Allah weiß welche Kanonen. Ab und zu spicken Gewerbeführende mit ihrem Produkt kurz auf die Straße und ballern eine Prise in den Himmel um die Funktionalität ihres Werks zu begutachten. Und so donnert, raucht und schallt es eigentlich permanent in "Darra".

Der Heimweg war vergleichsweise friedlich, auch wenn ich das vor drei Wochen wohl noch anders gesehen hätte - denn wenn die Autos, Rikschas, Esel, Busse, LKWs, Radfahrer, Kühe es könnten, würden sie wohl auch noch über- und untereinander durchfahren :)
So langsam neigt sich der Tag dem Ende und außerhalb meines Internetcafés häufen sich die lauten Rufe, die das morgen beginnende und drei Tage andauernde "Eid"-Fest einläuten.

In diesem Sinne und bis zum nächsten Mal grüßt Euch feierlich und abenteuerlich

Euer David

P.S.: Fotos hochladen ist gerade ein bissl schwierig.

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